Hola familiar, amigos i amistades,
Hier kommen die heißen Nachrichten aus Nicaragua ins kalte und verregnete bzw. schon verschneite Deutschland…
In den letzten Wochen habe ich mich ein wenig nach Kontakten zu anderen deutschen Freiwilligen bemüht. Mir gab ein Münchener die Kontakte zu einem deutschen Weltwärtsler – Nic - in der von León, in Jinandega. Ihn habe ich kürzlich für ein Wochenende besucht. Er lebt in einem kleinen Fischerdorf am Pazifik in einem „Zimmer“ bei einer Familie, welche ein Restaurant betreibt. Sein Zimmer kann man mindestens mit einer 5-Sterne-Unterkunft vergleichen - so viele Sterne kann er nachts durch sein Dach sehen. Und wenn es mal regnet muss er auch nicht das Waschbecken benutzen, um sich zu waschen… An diesem Wochenende musste Nic spontan ein Umweltschutzprojekt in seinem Dorf auf die Beine stellen, bei dem sämtliche Küstengebiete in Nicaragua von Müll bereinigt wurden. Das ist grundsätzlich eine schwachsinnige Idee, da nach der nächsten Flut die Küsten genauso verdreckt sind wie vorher, aber der Müll sollte nach der Aktion für eine Studie separiert gezählt werden. Das Organisieren war gar nicht so leicht wie es sich vorher angehört hat. Denn schon zur Vorbesprechung erschien von 20 angemeldeten Personen lediglich ein Junge, der auch nur das T-Shirt abstauben wollte, welches man für diese Aktion bekommen sollte. So hatten wir schon die Vorahnung, dass zur Umweltaktion von 80 angemeldeten Personen nur ein Bruchteil kommen würde. Also haben wir im Dorf für das Projekt geworben. Oder besser: Wir haben dafür geworben, dass es für die anstehende Umweltaktion ein T-Shirt als Belohnung gibt! Schließlich kamen letztendlich am nächsten Morgen genügend Leute für das Projekt – darunter auch noch zwei weitere deutsche Freiwillige aus León (Celia und Gunnar), Schweden, Kanadier und Leute aus Managua, welche am Wochenende in ihrem Ferienhaus wohnen. Ich kann behaupten, dass die Gruppe, welche ich geleitet habe, die fleißigste war, da wir am längsten gearbeitet und die meisten Müllsäcke gefüllt haben. Das war jedoch kein Vorteil. Denn von den über 50 vorhandenen T-Shirts hat Nic´s Chefin – aus welchem Grund auch immer - 30 für sich unter den Nagel gerissen und hat sich für den restlichen Tag nicht mehr im Dorf blicken lassen. Mir war das auch ziemlich unangenehm, weil meine Mannschaft nach der Arbeit erwartungsvoll auf die ihren Lohn gewartet hat. Zunächst habe ich auch mit dem Gedanken gespielt als Alternative eine Runde Bier zu spendieren, aber ich letztendlich war es ja nicht meine Schuld, dass die Shirts verschwunden waren.
Am Nachmittag wollten wir Freiwilligen eigentlich noch eine Runde surfen gehen, allerdings war die Brandung so hart, dass sie sogar eine Betontreppe einer Strandbar freigespült und ins Meer gezogen hat. Also haben wir uns an eine andere kleine Reggeabar gesetzt, welche wohl auch als kleine Drogenbar bekannt ist. Dort trugen eigentlich alle eine Sonnenbrille und waren auf eine ganz entspannte Art und Weise glücklich… Mike – ein ziemlich gepuderter Surfer mit einem immer benebelten Blick hat sich plötzlich sein Surfbrett geschnappt und ist ins Meer gestiegen während 3m hohe Wellen direkt auf den Sand gebrochen sind. Allerdings ist er die Wellen ziemlich elegant geritten. Am Abend bin ich dann mit Celia und Gunnar nach León gefahren. Dort sind wir abends noch ein wenig feiern gegangen. León ist mit Abstand ruhiger als Managua. Es ist überhaupt kein Problem nachts durch die Straßen von León zu laufen. Als ich am nächsten Tag in Managua vom Busbahnhof mit dem Taxi zurück zum Hogar fuhr, habe ich eine Traube von Menschen gesehen, welche gerade in Selbstjustiz zwei Verbrecher fesselten und auf die Polizei warteten. Bei solchen Ereignissen ist die nicaraguanische Pressefreiheit ein wenig großzügiger als in Deutschland. Es gibt beispielsweise einen TV-Kanal – „Accion 10“ – welcher Bilder von Menschen zeigt, welche gefesselt auf der Ladefläche der Polizei-Pick-Ups interviewt werden oder welche verwundet aus einer Unfallstelle geborgen werden.
In den weiteren Wochen habe ich wie gewohnt als Sportlehrer gearbeitet.
Kürzlich kam es zwischen den Kurzen eines Modulos zu einer Prügelei, die sogar so ausartete, dass eine Menge Blut floss. Da sich niemand weiter um den Streit gekümmert hat, habe ich die Terrierkinder auseinander gezogen. Geweint hat allerdings keiner... In dieser Beziehung sind die Heimkinder extrem schmerzfrei!
Vorletzte Woche hat mich Gunnar über das Wochenende besucht. Alle Heimkinder dachten, er sei mein Bruder, da er ebenfalls blond ist… Am Freitagabend war ich mit zwei Studentinnen in einer Diskothek verabredet. Dort bin ich zusammen mit Gunnar hingefahren. Allerdings hatte ich Probleme in den Club zu
kommen, da ich kein Hemd trug. Also bin ich mit einem Nica zurück zum Hogar gefahren, um mich umzuziehen. Die Party war eine Premiere für mich in Managua. Ich wurde von den Studentinnen annähernd dem kompletten Club vorgestellt, da sie dort fast alle kennen. Diese sind allerdings recht zeitig wieder zu sich nach Hause gefahren und so sind Gunnar und ich noch ein bisschen länger als die anderen dort geblieben und haben dann später mit dem Taxi genommen. Zur Sicherheit habe ich meinen Gürtel griffbereit gehalten, da besonders nachts, Taxifahrer nicht sehr vertrauensvoll sind. Am Samstag haben wir verstärkt durch die Sonne die Folgen vom vergangenen Abend gespürt und haben eigentlich nicht mehr unternommen als im Schwimmbad uns auszukurieren. Am Abend haben wir noch den Abschied von Jugax – der Spanierin – gefeiert, da sie am nächsten Tag zurück nach Spanien geflogen ist. Besonders ich war über ihren Abschied glücklich, weil mich ihre Manieren unheimlich genervt haben. Das fing damit an, dass sie - ohne die Hand vor dem Mund zu halten – über den gesamten Mittagstisch gehustet hat oder im Computerraum mir ihre Darmdüfte präsentiert hat... Am Sonntagmorgen bin ich mit dem Religiösen und der Kirchengemeinde an die Pazifikküste gefahren. Dort waren wir auf dem Feriengrundstück eines nicaraguanischen Minister eingeladen. In der Nachbarschaft baut auch Alemán – der ehemalige Diktator von Nicaragua, nach dem weltweit gefahndet wird – sein neues Feriendomizil. Wir haben dort einen ziemlich entspannten Tag verbracht und recht gut und vielseitig gegessen, da die Gemeindemitglieder den Religiösen und mir immer ziemlich viel Essen abgeben. Das Besondere an dieser Gegend ist, dass dort ein Menge Felsen gibt. So kann man sich vor einen Felsen stellen und erhält von der nächsten Welle, die auf den Felsen bricht, eine Rückenmassage.Die folgende Woche verlief routinemäßig und am letzten Wochenende war ich wieder mit den Leuten der vorletzten Woche zum Feiern verabredet. Dort bin ich wieder mit dem Taxi hingefahren. Auf dem Weg hatte ich ein erstes Problem, denn mein Taxifahrer hat einem ziemlich großen Geländewagen die Vorfahrt genommen. Hier in Nicaragua wird sehr häufig Macht und Stärke demonstriert, so auch in diesem Fall. Der Taxifahrer wurde immer langsamer wie auch der Geländewagen. Dieser kam immer näher auf die Fahrerseite meines Taxis zu und hat uns schließlich so weit geschoben, dass wir mit 20% Schräge in der Luft hingen. Danach gab es noch einen riesen Ärger zwischen Taxifahrer und dem anderen Fahrer, wobei dieser später geflüchtet ist, als mein Taxifahrer sein Kennzeichen notiert hat. Allerdings denke ich, dass sich um solch einen Fall kein Polizist kümmert. Die Party im „Moods“ meiner derzeitigen Stammdisko war wieder ziemlich ausgelassen und zurück wurde ich glücklicherweise von einem Bekannten gefahren. Da ich diesmal nicht so tief in mein Glas geschaut habe, ging es mir am nächsten Tag auch ziemlich gut. An diesem Tag wurde ich eingeladen mit einigen Gemeindemitgliedern in ein Frauengefängnis zu fahren. Dort haben wir uns mit den Insassen ein wenig mit Spielen beschäftigt. Es gibt aber nichts Besonderes zu diesem Gefängnis zu erzählen außer, dass die Sicherheitsvorkehrungen weitaus lockerer sind als in deutschen Gefängnissen. Und ich glaube, dass die Frauen - aufgrund des Männermangels – häufiger ihre sexuellen Neigungen wechseln. Dort saßen viele Frauen handhaltend und sich streichelnd auf ihren Stühlen.
In dieser Woche hat wurde ich von einer Frau zugetextet, dass ihre Mutter sehr krank sei und Diabetes habe. Nach 10 Minuten habe ich sie dann unterbrochen, weil sie nicht auf den Punkt kam und habe sie gefragt, ob sie jetzt Geld brauche. Und genau darum ging. Sie gab mir sogar einen Zettel auf dem etwas in Handschrift über Diabetes und ein Preis von 430 C$ (knapp 15€ = Monatslohn für diese Frau) stand und mit einem Stempel und einer Unterschrift signiert war. Als ich dann meinte, ich würde nun erstmal mit Padre Otto – meinem Chef - über die Sache sprechen, wurde sie plötzlich aufgeregt und meinte, ihn habe sie bereits gefragt, allerdings habe er gerade kein Geld, war die Sache für mich klar. Sie wollte lediglich Geld abstauben. Kurz darauf ist sie auch abgezogen.
Desweiteren habe ich auch herausgefunden, wer meine 50$ und meinen Mp3-Player gestohlen hat. Allerdings befindet sich der Überltäter derzeit in Guatemala und ich weiß nicht, ob ihn noch einmal wiedersehen werde. Eventuell werde ich ihn mit einem Aspirant im Dezember in Guatemala besuchen, um ihm kräftigst die Ohren lang zu ziehen und um meine Klamotten zu holen.
In dieser Woche wird „El día de raza“ – „Der Rassentag“ – gefeiert. Diesen Begriff nimmt ein Deutscher mit Recht sehr ungern in den Mund, allerdings sind Nicas sehr patriotisch und wollen an diesen Tagen ihre Kultur präsentieren. So hat am Montag jede Klasse in der Schule einen Stand gestaltet und nationale Gerichte und typische Früchte und Getränke präsentiert. Ich wurde von jeder Klasse zum Essen eingeladen, habe es aber nur bis zur zweiten Klasse geschafft, da das Essen sehr mächtig ist. Zu einem typischen nicaraguanischen Gericht gehören frittierte Bananenfladen, geschmorte Bananen, ein ziemlich intensiv schmeckender Käse, „gallo pinto“ (Cidneybohnen mit Reis), eigenartige Torten aus Milch und Mais, Kuhfleisch und dazu ein Kakao. Desweiteren wurden später von den jüngeren Schülern Folklore-Tänze präsentiert. Heute folgen die Präsentationen der Abiturienten.
Morgen werde ich mit Joél einem Studenten, der hier im Hogar lebt, nach Granada fahren und etwas mit ein paar Freundinnen von ihm unternehmen. Ihn nenne ich auch „El político de las mujeres“ / „Der Politiker der Frauen“, da er eigentlich nur mit den wohlhabenderen Studentinnen befreundet ist und sich von ihnen zu Partys einladen lässt und sie bezahlen lässt…
Bald habe ich meine ersten drei Monate schon hinter mir. Da dann auch mein Touristenvisum abläuft, muss ich das Land verlassen, um das Visum wieder aufzufrischen. Dafür fahre ich am nächsten Freitag nach San José in Costa Rica und fliege von dort aus für drei Wochen nach Santiago de Chile. Dort werde ich Sarah besuchen und mit ihr eine Tour durch Chile unternehmen und auch nach Argentinien fahren. Ich denke, dass das diese Tour eines meiner Höhepunkte in diesem Jahr sein wird.
Fazit der letzten Zeit:
Ich merke, dass ich mich schon sehr an das einseitige Heimessen gewöhnt habe. Man muss sich als Deutscher in einem Land wie Nicaragua einfach auf geringere Qualitätsstandarte einstellen. Wobei mir teilweise ein Kaffee von hoher Qualität schon fehlt – besonders in einem Land, in dem so guter Kaffee angebaut wird.
Es grüßt euch Philipp aus Managua!!
Oha, das mit dem Kaffee denke ich mir hier auch oft! Und einseitige Ernährung scheint wohl ein generelles Problem in Lateinamerika zu sein. ;)
AntwortenLöschenViele Grüße nach Chile, auch an Sarah!!!