Mittwoch, 16. September 2009

Wo ist die Zeit geblieben??


Guten Abend nach Deutschland!

Es ist schon fast ein Monat nach meinem letzten Eintrag vergangen und ich habe bisher nichts mehr geschrieben. Schande über mein Haupt!!
Ich habe natürlich wieder eine Menge zu Gesicht bekommen. Zunächst habe ich ein Wochenende mit Jugax (der Spanierin) in San Juan del Sur verbracht. Leider hat der eine Muchacho aus dem Heim kurzfristig abgesagt bzw. ist er einfach nicht zum vereinbarten Zeitpunkt nicht da gewesen. Das ist hier nichts Ungewöhnliches. Nicaraguaner bezeichnen sich selber als unzuverlässig. Die Fahrt mit völlig überfüllten Bussen nach San Juan Del Sur hat ca. drei Stunden gedauert. Solche Fahrten sind selten langweilig. Ständig stehen Redner im Bus, um einem vom wirklichen Sinn des Lebens zu berichtigen, aber im Endeffekt wollen sie doch nur irgendwelche kitschigen Christusbilder verkaufen. Jedoch habe ich einem Redner, der Medizin- und Wirtschaftsbücher verkauft hat, ein Buch abgekauft. Es hat den Titel: „EL VENDEDOR MÁS GRANDE DEL MUNDO“ was so viel wie „DER GRÖßTE/BESTE VERKÄUFER DER WELT“ bedeutet. Ich bin mal gespannt, ob ich als perfekter Klinkenputzer zurück nach Deutschland komme – viel reden können die Leute hier nämlich allemal. Nachdem wir dann in San Juan Del Sur angekommen sind, haben wir Quartier in einem ziemlich relaxten Hostel bezogen (für Interessierte, hier der Link: www.casaeloro.com). Anschließend bin ich zum Ersten Mal in meinem Leben im Pazifischen Ozean geschwommen.. Am Abend haben wir Kontakt zu Leuten aus der ganzen Welt geknüpft. Viele von ihnen sind als Backpacker unterwegs. Zurzeit gibt es auch sehr viele Leute, die sich aufgrund der derzeitigen globalen Finanzkrise ein bzw. zwei Jahre Auszeit nehmen, um eine Weltreise zu unternehmen. Ich habe auch zwei Kanadier kennengelernt, die nach der Schule nach Nicaragua ausgewandert sind und derzeit ein Restaurant und eine Schwimmschule führen und den Großteil ihres Tages im Pazifik surfen. Mit 28 Jahren wollen sie in Deutschland ein Studium beginnen. In deren Restaurant habe ich am Abend mit Jugax und Joao aus Portugal gegessen. Joao ist derzeit auch auf Weltreise. Er hat auch eine ziemlich gute Website veröffentlicht. Wer sich dafür interessiert, hier der Link: http://www.emviagem.net/
Am nächsten Tag habe ich einen Surfkurs belegt. Dafür sind wir eine halbe Stunde mit einem LKW durch den Dschungel gefahren, um zu einem perfekten Surfspot zu gelangen. Es war einfach alles perfekt: nur Surfer waren am Strand und auch die ein oder andere Shakira ist mir über den Weg gelaufen… ;-P Allerdings habe ich dann plötzlich wieder einen Nasenblutenanfall bekommen, der aber von der Bardame mit einer Nasendusche mit Flor de Caña – dem leckeren nicaraguanischen Rum – eliminiert wurde. Das Surfen lief auf Anhieb ziemlich gut. Vorher hat uns Alberto – ein Surflehrer aus Peru – die wichtigsten Regeln beim Surfen erklärt. Während der Pausen in der Bar habe ich noch Kontakt zu einigen Leuten geknüpft. Z.B. zu Nico – ein Deutscher, der nun in Kapstadt wohnt, zu Daria – einer Schweizerin, zu einem lustigen Pariser, dessen Lache mich an eine Figur von den Simpsons erinnert hat und zu Nemo – ein ziemlich durch geknallter hamburger Germanistikstudent, der mir noch am Morgen vorher völlig breit und zugepudert in Unterhose auf der Straße einen Vortrag von den Lebensphilosophien von Goethe, Büchner und Co. gehalten hat, um zu dem Schluss zukommen, dass es nun auch völlig legitim sei in Unterhosen durch das Dorf zu laufen. Ich habe ihn herzlich ausgelacht und bin schlafen gegangen. Mit denen und noch anderen Leuten aus Israel, Costa Rica, Washington DC, Pánama, Portugal, Deutschland usw. habe ich den nächsten Abend zum Tag gemacht.








Die nächsten Wochen verliefen wie gewohnt. Zwischendurch bin ich mit drei Angestellten des Heims und einem Jungen nach Matagalpa (zwei Autostunden) gefahren – einer Stadt in den Bergen, um seine Mutter zu besuchen. Seine Familie wohnt in einem typischen Slum. Die Häuser bzw. Hütten bestehen aus Blechresten, Planen, Pappe oder Stoffen. Die Toiletten ähneln Hundehütten und stinken tierisch. Allerdings mussten wir erfahren, dass die Mutter des Jungen derzeit in Guatemala arbeitet. So hat und Sergio – so heißt der Junge – zu seiner Oma geführt. Dafür mussten wir aber vier Stunden durch den bergigen Tropenwald fahren. Die Straße führte an tiefen Schluchten ohne Absicherung entlang und hatte viele tiefe Schlaglöcher. Plötzlich begann auch das Auto an zu qualmen und war schon davon überzeugt, dass wir an diesem Tag nicht mehr in Managua ankommen würden. Am Straßenrand gab es immer wieder kleine Siedlungen. Mit der Oma haben wir letztendlich nur 30 Minuten gesprochen. Es ging um die Familienverhältnisse. Auf der Rückfahrt wurde es bald schon wieder dunkel und dann zog auch noch Nebel auf, sodass wir gerade einen Meter weit gucken konnten. Neben uns ging es 1000 Meter in die Tiefe. Dann liefen noch ständig Leute mit Macheten über die Straße, die von uns mitgenommen werden wollten. Leider kann ich von diesem Trip keine Bilder zeigen, da ich wegen eines Virus auf meiner Speicherkarte, diese neu formatieren musste.

An jedem Monatsende gibt es hier im Heim eine Geburtstagsfeier für alle Kinder. Dabei gibt es eine Menge Tacos, Kuchen und Süßigkeiten, das alles von reicheren Leuten finanziert wird. Diese Party habe zum ersten Mal miterlebt. Die Kurzen haben ein Spiel gespielt, bei dem sie mit verbundenen Augen und einem Stock eine am Baum hängende Puppe zerschlagen mussten. In Puppe sind Süßigkeiten, auf die die Kurzen sich dann wild stürzen.

Letzte Woche wurde mir zum ersten Mal Geld geklaut. Irgendwer muss den Zweitschlüssel meines Zimmer gefunden haben – von dem Versteck wissen nur wenige Leute - und in mein Zimmer gegangen sein. Den Zweitschlüssel habe ich sofort eingesackt, damit das nicht noch einmal passiert. Ich denke nicht, dass ich das Geld noch einmal wiedersehen werde.
Derzeit habe ich eine Woche Urlaub wegen des Unabhängigkeitstages. Dafür marschieren sämtliche Schul, Polizei-, Feuerwehr- und Krankenhausgruppen trommelnd und tanzend durch die Stadt. Die Kleidung der Frauen war teilweise schon ziemlich sparsam gekleidet und man würde diesen Dress in Deutschland nur an ganz speziellen Orten finden. Für diese Veranstaltung wurden wegen potentieller Gefahr sämtliche Straßen gesperrt. Allzu gefährlich kam mir das ganze allerdings nicht vor. Lange habe ich mich dort aber auch nicht aufgehalten, weil es tierisch warm war.










Wegen der freien Tage sind die meisten Heimkinder zu ihren Familien gefahren. Mit den übrig gebliebenen sind wir gestern zur Lagune von Apoyo gefahren – einer Vulkanlagune. Um 8 Uhr am morgen wollten wir losfahren. Die Frau, die mit uns an ihr Grundstück an der Lagune fahren wollte, kam allerdings erst drei Stunden später im Hogar an. Das Wasser der Lagune war badewannenwarm und glasklar.










Morgen werde ich für vier Tage nach León fahren. Dort kann ich umsonst bei einem deutschen Freiwilligen wohnen. In León kann man anscheinend sehr gut feiern – was mir grad ziemlich fehlt - und ebenfalls surfen.
Was meine Ausreise für November angeht, werde ich zu 70% über Costa Rica nach Santiago de Chile fliegen und von dort aus einen Kurztrip mit einem Bus nach Argentinien unternehmen. Darauf freue ich mich schon tierisch.