Freitag, 16. Oktober 2009


Hola familiar, amigos i amistades,

Hier kommen die heißen Nachrichten aus Nicaragua ins kalte und verregnete bzw. schon verschneite Deutschland…

In den letzten Wochen habe ich mich ein wenig nach Kontakten zu anderen deutschen Freiwilligen bemüht. Mir gab ein Münchener die Kontakte zu einem deutschen Weltwärtsler – Nic - in der von León, in Jinandega. Ihn habe ich kürzlich für ein Wochenende besucht. Er lebt in einem kleinen Fischerdorf am Pazifik in einem „Zimmer“ bei einer Familie, welche ein Restaurant betreibt. Sein Zimmer kann man mindestens mit einer 5-Sterne-Unterkunft vergleichen - so viele Sterne kann er nachts durch sein Dach sehen. Und wenn es mal regnet muss er auch nicht das Waschbecken benutzen, um sich zu waschen… An diesem Wochenende musste Nic spontan ein Umweltschutzprojekt in seinem Dorf auf die Beine stellen, bei dem sämtliche Küstengebiete in Nicaragua von Müll bereinigt wurden. Das ist grundsätzlich eine schwachsinnige Idee, da nach der nächsten Flut die Küsten genauso verdreckt sind wie vorher, aber der Müll sollte nach der Aktion für eine Studie separiert gezählt werden. Das Organisieren war gar nicht so leicht wie es sich vorher angehört hat. Denn schon zur Vorbesprechung erschien von 20 angemeldeten Personen lediglich ein Junge, der auch nur das T-Shirt abstauben wollte, welches man für diese Aktion bekommen sollte. So hatten wir schon die Vorahnung, dass zur Umweltaktion von 80 angemeldeten Personen nur ein Bruchteil kommen würde. Also haben wir im Dorf für das Projekt geworben. Oder besser: Wir haben dafür geworben, dass es für die anstehende Umweltaktion ein T-Shirt als Belohnung gibt! Schließlich kamen letztendlich am nächsten Morgen genügend Leute für das Projekt – darunter auch noch zwei weitere deutsche Freiwillige aus León (Celia und Gunnar), Schweden, Kanadier und Leute aus Managua, welche am Wochenende in ihrem Ferienhaus wohnen. Ich kann behaupten, dass die Gruppe, welche ich geleitet habe, die fleißigste war, da wir am längsten gearbeitet und die meisten Müllsäcke gefüllt haben. Das war jedoch kein Vorteil. Denn von den über 50 vorhandenen T-Shirts hat Nic´s Chefin – aus welchem Grund auch immer - 30 für sich unter den Nagel gerissen und hat sich für den restlichen Tag nicht mehr im Dorf blicken lassen. Mir war das auch ziemlich unangenehm, weil meine Mannschaft nach der Arbeit erwartungsvoll auf die ihren Lohn gewartet hat. Zunächst habe ich auch mit dem Gedanken gespielt als Alternative eine Runde Bier zu spendieren, aber ich letztendlich war es ja nicht meine Schuld, dass die Shirts verschwunden waren.












Am Nachmittag wollten wir Freiwilligen eigentlich noch eine Runde surfen gehen, allerdings war die Brandung so hart, dass sie sogar eine Betontreppe einer Strandbar freigespült und ins Meer gezogen hat. Also haben wir uns an eine andere kleine Reggeabar gesetzt, welche wohl auch als kleine Drogenbar bekannt ist. Dort trugen eigentlich alle eine Sonnenbrille und waren auf eine ganz entspannte Art und Weise glücklich… Mike – ein ziemlich gepuderter Surfer mit einem immer benebelten Blick hat sich plötzlich sein Surfbrett geschnappt und ist ins Meer gestiegen während 3m hohe Wellen direkt auf den Sand gebrochen sind. Allerdings ist er die Wellen ziemlich elegant geritten. Am Abend bin ich dann mit Celia und Gunnar nach León gefahren. Dort sind wir abends noch ein wenig feiern gegangen. León ist mit Abstand ruhiger als Managua. Es ist überhaupt kein Problem nachts durch die Straßen von León zu laufen. Als ich am nächsten Tag in Managua vom Busbahnhof mit dem Taxi zurück zum Hogar fuhr, habe ich eine Traube von Menschen gesehen, welche gerade in Selbstjustiz zwei Verbrecher fesselten und auf die Polizei warteten. Bei solchen Ereignissen ist die nicaraguanische Pressefreiheit ein wenig großzügiger als in Deutschland. Es gibt beispielsweise einen TV-Kanal – „Accion 10“ – welcher Bilder von Menschen zeigt, welche gefesselt auf der Ladefläche der Polizei-Pick-Ups interviewt werden oder welche verwundet aus einer Unfallstelle geborgen werden.

In den weiteren Wochen habe ich wie gewohnt als Sportlehrer gearbeitet.

Kürzlich kam es zwischen den Kurzen eines Modulos zu einer Prügelei, die sogar so ausartete, dass eine Menge Blut floss. Da sich niemand weiter um den Streit gekümmert hat, habe ich die Terrierkinder auseinander gezogen. Geweint hat allerdings keiner... In dieser Beziehung sind die Heimkinder extrem schmerzfrei!

Vorletzte Woche hat mich Gunnar über das Wochenende besucht. Alle Heimkinder dachten, er sei mein Bruder, da er ebenfalls blond ist… Am Freitagabend war ich mit zwei Studentinnen in einer Diskothek verabredet. Dort bin ich zusammen mit Gunnar hingefahren. Allerdings hatte ich Probleme in den Club zu

kommen, da ich kein Hemd trug. Also bin ich mit einem Nica zurück zum Hogar gefahren, um mich umzuziehen. Die Party war eine Premiere für mich in Managua. Ich wurde von den Studentinnen annähernd dem kompletten Club vorgestellt, da sie dort fast alle kennen. Diese sind allerdings recht zeitig wieder zu sich nach Hause gefahren und so sind Gunnar und ich noch ein bisschen länger als die anderen dort geblieben und haben dann später mit dem Taxi genommen. Zur Sicherheit habe ich meinen Gürtel griffbereit gehalten, da besonders nachts, Taxifahrer nicht sehr vertrauensvoll sind. Am Samstag haben wir verstärkt durch die Sonne die Folgen vom vergangenen Abend gespürt und haben eigentlich nicht mehr unternommen als im Schwimmbad uns auszukurieren. Am Abend haben wir noch den Abschied von Jugax – der Spanierin – gefeiert, da sie am nächsten Tag zurück nach Spanien geflogen ist. Besonders ich war über ihren Abschied glücklich, weil mich ihre Manieren unheimlich genervt haben. Das fing damit an, dass sie - ohne die Hand vor dem Mund zu halten – über den gesamten Mittagstisch gehustet hat oder im Computerraum mir ihre Darmdüfte präsentiert hat... Am Sonntagmorgen bin ich mit dem Religiösen und der Kirchengemeinde an die Pazifikküste gefahren. Dort waren wir auf dem Feriengrundstück eines nicaraguanischen Minister eingeladen. In der Nachbarschaft baut auch Alemán – der ehemalige Diktator von Nicaragua, nach dem weltweit gefahndet wird – sein neues Feriendomizil. Wir haben dort einen ziemlich entspannten Tag verbracht und recht gut und vielseitig gegessen, da die Gemeindemitglieder den Religiösen und mir immer ziemlich viel Essen abgeben. Das Besondere an dieser Gegend ist, dass dort ein Menge Felsen gibt. So kann man sich vor einen Felsen stellen und erhält von der nächsten Welle, die auf den Felsen bricht, eine Rückenmassage.

Die folgende Woche verlief routinemäßig und am letzten Wochenende war ich wieder mit den Leuten der vorletzten Woche zum Feiern verabredet. Dort bin ich wieder mit dem Taxi hingefahren. Auf dem Weg hatte ich ein erstes Problem, denn mein Taxifahrer hat einem ziemlich großen Geländewagen die Vorfahrt genommen. Hier in Nicaragua wird sehr häufig Macht und Stärke demonstriert, so auch in diesem Fall. Der Taxifahrer wurde immer langsamer wie auch der Geländewagen. Dieser kam immer näher auf die Fahrerseite meines Taxis zu und hat uns schließlich so weit geschoben, dass wir mit 20% Schräge in der Luft hingen. Danach gab es noch einen riesen Ärger zwischen Taxifahrer und dem anderen Fahrer, wobei dieser später geflüchtet ist, als mein Taxifahrer sein Kennzeichen notiert hat. Allerdings denke ich, dass sich um solch einen Fall kein Polizist kümmert. Die Party im „Moods“ meiner derzeitigen Stammdisko war wieder ziemlich ausgelassen und zurück wurde ich glücklicherweise von einem Bekannten gefahren. Da ich diesmal nicht so tief in mein Glas geschaut habe, ging es mir am nächsten Tag auch ziemlich gut. An diesem Tag wurde ich eingeladen mit einigen Gemeindemitgliedern in ein Frauengefängnis zu fahren. Dort haben wir uns mit den Insassen ein wenig mit Spielen beschäftigt. Es gibt aber nichts Besonderes zu diesem Gefängnis zu erzählen außer, dass die Sicherheitsvorkehrungen weitaus lockerer sind als in deutschen Gefängnissen. Und ich glaube, dass die Frauen - aufgrund des Männermangels – häufiger ihre sexuellen Neigungen wechseln. Dort saßen viele Frauen handhaltend und sich streichelnd auf ihren Stühlen.

In dieser Woche hat wurde ich von einer Frau zugetextet, dass ihre Mutter sehr krank sei und Diabetes habe. Nach 10 Minuten habe ich sie dann unterbrochen, weil sie nicht auf den Punkt kam und habe sie gefragt, ob sie jetzt Geld brauche. Und genau darum ging. Sie gab mir sogar einen Zettel auf dem etwas in Handschrift über Diabetes und ein Preis von 430 C$ (knapp 15€ = Monatslohn für diese Frau) stand und mit einem Stempel und einer Unterschrift signiert war. Als ich dann meinte, ich würde nun erstmal mit Padre Otto – meinem Chef - über die Sache sprechen, wurde sie plötzlich aufgeregt und meinte, ihn habe sie bereits gefragt, allerdings habe er gerade kein Geld, war die Sache für mich klar. Sie wollte lediglich Geld abstauben. Kurz darauf ist sie auch abgezogen.

Desweiteren habe ich auch herausgefunden, wer meine 50$ und meinen Mp3-Player gestohlen hat. Allerdings befindet sich der Überltäter derzeit in Guatemala und ich weiß nicht, ob ihn noch einmal wiedersehen werde. Eventuell werde ich ihn mit einem Aspirant im Dezember in Guatemala besuchen, um ihm kräftigst die Ohren lang zu ziehen und um meine Klamotten zu holen.

In dieser Woche wird „El día de raza“ – „Der Rassentag“ – gefeiert. Diesen Begriff nimmt ein Deutscher mit Recht sehr ungern in den Mund, allerdings sind Nicas sehr patriotisch und wollen an diesen Tagen ihre Kultur präsentieren. So hat am Montag jede Klasse in der Schule einen Stand gestaltet und nationale Gerichte und typische Früchte und Getränke präsentiert. Ich wurde von jeder Klasse zum Essen eingeladen, habe es aber nur bis zur zweiten Klasse geschafft, da das Essen sehr mächtig ist. Zu einem typischen nicaraguanischen Gericht gehören frittierte Bananenfladen, geschmorte Bananen, ein ziemlich intensiv schmeckender Käse, „gallo pinto“ (Cidneybohnen mit Reis), eigenartige Torten aus Milch und Mais, Kuhfleisch und dazu ein Kakao. Desweiteren wurden später von den jüngeren Schülern Folklore-Tänze präsentiert. Heute folgen die Präsentationen der Abiturienten.






Morgen werde ich mit Joél einem Studenten, der hier im Hogar lebt, nach Granada fahren und etwas mit ein paar Freundinnen von ihm unternehmen. Ihn nenne ich auch „El político de las mujeres“ / „Der Politiker der Frauen“, da er eigentlich nur mit den wohlhabenderen Studentinnen befreundet ist und sich von ihnen zu Partys einladen lässt und sie bezahlen lässt…

Bald habe ich meine ersten drei Monate schon hinter mir. Da dann auch mein Touristenvisum abläuft, muss ich das Land verlassen, um das Visum wieder aufzufrischen. Dafür fahre ich am nächsten Freitag nach San José in Costa Rica und fliege von dort aus für drei Wochen nach Santiago de Chile. Dort werde ich Sarah besuchen und mit ihr eine Tour durch Chile unternehmen und auch nach Argentinien fahren. Ich denke, dass das diese Tour eines meiner Höhepunkte in diesem Jahr sein wird.

Fazit der letzten Zeit:

Ich merke, dass ich mich schon sehr an das einseitige Heimessen gewöhnt habe. Man muss sich als Deutscher in einem Land wie Nicaragua einfach auf geringere Qualitätsstandarte einstellen. Wobei mir teilweise ein Kaffee von hoher Qualität schon fehlt – besonders in einem Land, in dem so guter Kaffee angebaut wird.

Es grüßt euch Philipp aus Managua!!


Mittwoch, 16. September 2009

Wo ist die Zeit geblieben??


Guten Abend nach Deutschland!

Es ist schon fast ein Monat nach meinem letzten Eintrag vergangen und ich habe bisher nichts mehr geschrieben. Schande über mein Haupt!!
Ich habe natürlich wieder eine Menge zu Gesicht bekommen. Zunächst habe ich ein Wochenende mit Jugax (der Spanierin) in San Juan del Sur verbracht. Leider hat der eine Muchacho aus dem Heim kurzfristig abgesagt bzw. ist er einfach nicht zum vereinbarten Zeitpunkt nicht da gewesen. Das ist hier nichts Ungewöhnliches. Nicaraguaner bezeichnen sich selber als unzuverlässig. Die Fahrt mit völlig überfüllten Bussen nach San Juan Del Sur hat ca. drei Stunden gedauert. Solche Fahrten sind selten langweilig. Ständig stehen Redner im Bus, um einem vom wirklichen Sinn des Lebens zu berichtigen, aber im Endeffekt wollen sie doch nur irgendwelche kitschigen Christusbilder verkaufen. Jedoch habe ich einem Redner, der Medizin- und Wirtschaftsbücher verkauft hat, ein Buch abgekauft. Es hat den Titel: „EL VENDEDOR MÁS GRANDE DEL MUNDO“ was so viel wie „DER GRÖßTE/BESTE VERKÄUFER DER WELT“ bedeutet. Ich bin mal gespannt, ob ich als perfekter Klinkenputzer zurück nach Deutschland komme – viel reden können die Leute hier nämlich allemal. Nachdem wir dann in San Juan Del Sur angekommen sind, haben wir Quartier in einem ziemlich relaxten Hostel bezogen (für Interessierte, hier der Link: www.casaeloro.com). Anschließend bin ich zum Ersten Mal in meinem Leben im Pazifischen Ozean geschwommen.. Am Abend haben wir Kontakt zu Leuten aus der ganzen Welt geknüpft. Viele von ihnen sind als Backpacker unterwegs. Zurzeit gibt es auch sehr viele Leute, die sich aufgrund der derzeitigen globalen Finanzkrise ein bzw. zwei Jahre Auszeit nehmen, um eine Weltreise zu unternehmen. Ich habe auch zwei Kanadier kennengelernt, die nach der Schule nach Nicaragua ausgewandert sind und derzeit ein Restaurant und eine Schwimmschule führen und den Großteil ihres Tages im Pazifik surfen. Mit 28 Jahren wollen sie in Deutschland ein Studium beginnen. In deren Restaurant habe ich am Abend mit Jugax und Joao aus Portugal gegessen. Joao ist derzeit auch auf Weltreise. Er hat auch eine ziemlich gute Website veröffentlicht. Wer sich dafür interessiert, hier der Link: http://www.emviagem.net/
Am nächsten Tag habe ich einen Surfkurs belegt. Dafür sind wir eine halbe Stunde mit einem LKW durch den Dschungel gefahren, um zu einem perfekten Surfspot zu gelangen. Es war einfach alles perfekt: nur Surfer waren am Strand und auch die ein oder andere Shakira ist mir über den Weg gelaufen… ;-P Allerdings habe ich dann plötzlich wieder einen Nasenblutenanfall bekommen, der aber von der Bardame mit einer Nasendusche mit Flor de Caña – dem leckeren nicaraguanischen Rum – eliminiert wurde. Das Surfen lief auf Anhieb ziemlich gut. Vorher hat uns Alberto – ein Surflehrer aus Peru – die wichtigsten Regeln beim Surfen erklärt. Während der Pausen in der Bar habe ich noch Kontakt zu einigen Leuten geknüpft. Z.B. zu Nico – ein Deutscher, der nun in Kapstadt wohnt, zu Daria – einer Schweizerin, zu einem lustigen Pariser, dessen Lache mich an eine Figur von den Simpsons erinnert hat und zu Nemo – ein ziemlich durch geknallter hamburger Germanistikstudent, der mir noch am Morgen vorher völlig breit und zugepudert in Unterhose auf der Straße einen Vortrag von den Lebensphilosophien von Goethe, Büchner und Co. gehalten hat, um zu dem Schluss zukommen, dass es nun auch völlig legitim sei in Unterhosen durch das Dorf zu laufen. Ich habe ihn herzlich ausgelacht und bin schlafen gegangen. Mit denen und noch anderen Leuten aus Israel, Costa Rica, Washington DC, Pánama, Portugal, Deutschland usw. habe ich den nächsten Abend zum Tag gemacht.








Die nächsten Wochen verliefen wie gewohnt. Zwischendurch bin ich mit drei Angestellten des Heims und einem Jungen nach Matagalpa (zwei Autostunden) gefahren – einer Stadt in den Bergen, um seine Mutter zu besuchen. Seine Familie wohnt in einem typischen Slum. Die Häuser bzw. Hütten bestehen aus Blechresten, Planen, Pappe oder Stoffen. Die Toiletten ähneln Hundehütten und stinken tierisch. Allerdings mussten wir erfahren, dass die Mutter des Jungen derzeit in Guatemala arbeitet. So hat und Sergio – so heißt der Junge – zu seiner Oma geführt. Dafür mussten wir aber vier Stunden durch den bergigen Tropenwald fahren. Die Straße führte an tiefen Schluchten ohne Absicherung entlang und hatte viele tiefe Schlaglöcher. Plötzlich begann auch das Auto an zu qualmen und war schon davon überzeugt, dass wir an diesem Tag nicht mehr in Managua ankommen würden. Am Straßenrand gab es immer wieder kleine Siedlungen. Mit der Oma haben wir letztendlich nur 30 Minuten gesprochen. Es ging um die Familienverhältnisse. Auf der Rückfahrt wurde es bald schon wieder dunkel und dann zog auch noch Nebel auf, sodass wir gerade einen Meter weit gucken konnten. Neben uns ging es 1000 Meter in die Tiefe. Dann liefen noch ständig Leute mit Macheten über die Straße, die von uns mitgenommen werden wollten. Leider kann ich von diesem Trip keine Bilder zeigen, da ich wegen eines Virus auf meiner Speicherkarte, diese neu formatieren musste.

An jedem Monatsende gibt es hier im Heim eine Geburtstagsfeier für alle Kinder. Dabei gibt es eine Menge Tacos, Kuchen und Süßigkeiten, das alles von reicheren Leuten finanziert wird. Diese Party habe zum ersten Mal miterlebt. Die Kurzen haben ein Spiel gespielt, bei dem sie mit verbundenen Augen und einem Stock eine am Baum hängende Puppe zerschlagen mussten. In Puppe sind Süßigkeiten, auf die die Kurzen sich dann wild stürzen.

Letzte Woche wurde mir zum ersten Mal Geld geklaut. Irgendwer muss den Zweitschlüssel meines Zimmer gefunden haben – von dem Versteck wissen nur wenige Leute - und in mein Zimmer gegangen sein. Den Zweitschlüssel habe ich sofort eingesackt, damit das nicht noch einmal passiert. Ich denke nicht, dass ich das Geld noch einmal wiedersehen werde.
Derzeit habe ich eine Woche Urlaub wegen des Unabhängigkeitstages. Dafür marschieren sämtliche Schul, Polizei-, Feuerwehr- und Krankenhausgruppen trommelnd und tanzend durch die Stadt. Die Kleidung der Frauen war teilweise schon ziemlich sparsam gekleidet und man würde diesen Dress in Deutschland nur an ganz speziellen Orten finden. Für diese Veranstaltung wurden wegen potentieller Gefahr sämtliche Straßen gesperrt. Allzu gefährlich kam mir das ganze allerdings nicht vor. Lange habe ich mich dort aber auch nicht aufgehalten, weil es tierisch warm war.










Wegen der freien Tage sind die meisten Heimkinder zu ihren Familien gefahren. Mit den übrig gebliebenen sind wir gestern zur Lagune von Apoyo gefahren – einer Vulkanlagune. Um 8 Uhr am morgen wollten wir losfahren. Die Frau, die mit uns an ihr Grundstück an der Lagune fahren wollte, kam allerdings erst drei Stunden später im Hogar an. Das Wasser der Lagune war badewannenwarm und glasklar.










Morgen werde ich für vier Tage nach León fahren. Dort kann ich umsonst bei einem deutschen Freiwilligen wohnen. In León kann man anscheinend sehr gut feiern – was mir grad ziemlich fehlt - und ebenfalls surfen.
Was meine Ausreise für November angeht, werde ich zu 70% über Costa Rica nach Santiago de Chile fliegen und von dort aus einen Kurztrip mit einem Bus nach Argentinien unternehmen. Darauf freue ich mich schon tierisch.

Dienstag, 18. August 2009

1 1/2 Wochen Nicaragua

Buen día a todos!!

Bisher habe ich hier in Nicaragua schon einiges gesehen.
Aber zunächst gebe ich Euch einen Einblick in meinen Alltag. Ich stehe unter der Woche um 7 Uhr auf, um zu frühstücken. Danach habe ich bis ca. 13.30 Uhr „tiempo libre“ (Freizeit). In der Zeit beantworte ich E-Mails, lese Bücher oder ziehe ein paar Bahnen im Schwimmbad. Um 12.30 gibt es Mittagessen und danach beginnt mein Arbeitstag. Derzeit leite ich mit einem Sportlehrer (Alberto) sämtliche Sportkurse. Standesgemäß habe ich auch eine Trillerpfeife bekommen und werde von vielen Kindern "Profesor" (Lehrer) genannt. Am lustigsten ist es, mit den niños (Kindern) Sport zu machen. Mit denen spielen wir Basketball, Fußball, Volleyball und nicaraguanische Spiele, bei denen ich noch nicht richtig durchblicke – wie „Chirin Chirin“ oder „Kickbol“ . Leider habe ich noch Probleme die Sprache zu beherrschen - Nicaraguaner sprechen sehr schnell spanisch. In der letzten Woche hatte Alberto in einer anderen Schule zutun, sodass ich allein die Kurse leiten musste. Mit meinen Spanischkenntnissen und mit zeitweise 31 Kurzen könnt ihr euch ja sicherlich vorstellen, wie das ausgesehen haben muss. Aber die Pfeife ist mir dabei eine große Hilfe. Trotz einiger Missverständnisse z.B. bei Streitigkeiten wegen anscheinend ungerechtfertigten Toren, die ich derzeit noch nicht gut schlichten kann, kommen die niños anscheinend sehr gut zurecht. Morgens auf dem Weg zum Frühstück ist es keine Seltenheit, wenn ich von 20 Kurzen mit einer Hi5-Begrüßung aufgehalten werde. Meinen Namen können sich aber noch nicht richtig aussprechen. Sie nennen mich entweder „Felipe“, „Felix“ oder „Philipps“. Das nehme ich ihnen aber nicht allzu übel, weil ich selbst deren Namen kaum merken kann. Sie haben alle mindestens zwei Namen und diese habe ich häufig vorher noch nie gehört. Nach dem Abendessen ist es um 19 Uhr schon sehr dunkel. Dann spiele ich mit den Religiösen und den niños Fußball während im Hintergrund typische lateinamerikanische Musik läuft. An manchen Abenden schaue ich mit den Brüdern aber auch nur Filme oder spiele Karten mit den niños. Spiele gibt es hier recht wenige. Ich habe lediglich ein Kartenspiel und ein Schachspiel gesehen. So kann ich die Kurzen für mehrere Stunden damit begeistern Daumendrücken oder dieses Handklatschen zu spielen. Ich merke auch, dass sie alle sehr wissbegierig sind Deutsch bzw. Englisch zu lernen.










Das Leben hier gefällt mir derzeit sehr gut, da vieles langsamer und entspannter abläuft als in Deutschland. Beispielsweise gibt es in der Schule keine Klingel, welche die nächste Stunde einleitet. Dann ist es auch nicht tragisch, wenn der Unterricht ein paar Minuten später beginnt. Allerdings hat mein Magen ein paar Probleme mit dem Essen. Es gibt dreimal täglich Reis mit Cidneybohnen als Beilage, wie bei uns Kartoffeln oder Nudeln. Deshalb habe ich mir zumindest für das Frühstück Butter, Gouda und Marmelade gekauft. Des Weiteren sind die Mücken hier recht hartnäckig – meine Füße ähneln schon fast einer Vulkanlandschaft…

Am ersten Wochenende hier in Nicaragua habe ich mir Managua, die Kolonialstadt Granada und Tipitapa angesehen. Die Hauptstadt Managua ist eine Stadt ohne richtiges Zentrum. Nach dem starken Erdbeben von 1972 wurde die Stadt bisher nicht wieder erneuert. Mit Taxi oder Bus ist man in der Stadt für günstiges Geld ziemlich mobil. Wir sind jedoch in der Stadt bisher nur mit dem Auto unterwegs gewesen. An Ampeln versuchen viele Leute – besonders Kinder – Sonnenbrillen, Churros (Spritzgebäck) oder Erfrischungsgetränke in kleinen Tüten zu verkaufen. Natürlich gibt es auch viele Menschen, die einem die Autofenster putzen.



















Mit Jugach – der spanischen Freiwilligen – bin ich am dann nach Granada gefahren. Mit dem Expressbus sind wir ca. 45 Minuten gefahren und haben dafür 20 Cordobas gezahlt (umgerechnet ca. 70 Cent). In Granada haben wir zuerst eine Bootstour mit einem Guide gemacht. Auf dem See in Granada gibt es sehr viele kleine Inseln („Isletas“), welche durch Vulkanausbrüche entstanden sind. Wohlhabende Menschen kaufen solche Inseln, um dort ihr Wochenende zu verbringen. Es gibt aber auch viele einheimische Familien, welche dort quasi als Selbstversorger leben. Auf einer Insel leben Affen, die schon sehr auf Touristen dressiert sind. Diese kamen auf unser Boot und ließen sich Füttern. Obwohl ich auf Touristenattraktionen nicht sehr stehe, war das ziemlich lustig. Zum Schluss hat der Skipper an einer Insel angelegt, auf der eine Familie lebt und ein kleines Restaurant bewirtschaftet. Dort bin ich ein wenig geschwommen und habe dann für 95 Cordobas (knapp 3 €) ein Gericht mit Cola bestellt. Nach der Bootstour haben wir uns noch einige alte Kirchen und Häuser angesehen und sind durch die Straßen von Granada gelaufen. Da wird man häufig von kleinen Kindern angebettelt, worauf man aber besser nicht eingehen sollte.




































Am nächsten Tag bin ich mit einigen Ordensbrüdern nach Tipitapa gefahren. Dort lebt die Familie eines Bruders (José) bei der wir auch zum Essen eingeladen waren. Vorher sind wir aber in die Vulkantherme und –sauna gegangen. Deutsche Saunabesucher würden sich hier sicherlich tierisch aufregen, denn die Leute sind in Badehosen oder komplett angekleidet in die Sauna gelaufen. Bei der Sauna handelt es sich um ein Häuschen, welches über einer heißen Schwefelwasserquelle steht. Dort habe ich auch ein erstes nicaraguanisches Bier probiert. Man kann es zwar nicht mit deutschen Bieren vergleichen, aber es schmeckt trotzdem recht gut. Danach ging es noch zu einer bekannten Familie von José und anschließend zu José´s Familie zum Essen. Dort wird noch über Feuer gekocht. Es gab unterschiedliche gegarte Gemüse- und Gemüsesorten und Kuhfleisch. Bis auf eine Bananensorte, habe ich alles essen können. Wie es dort üblich ist, wurde mit den Fingern gegessen. Zwar wurde aus Verlegenheit nachträglich noch Besteck dazugelegt, aber das sah nicht sehr sauber aus.. Zwischendurch hat die Mutter von José einer Enkelin kleine Tütchen mit gefrorenen pürierten Früchten (Bananen, Mangos usw.) zum Verkauf geben, mit denen sich die Familie ein wenig Geld verdient. Das schmeckt übrigens sehr gut. Nach dem Essen sind wir dann noch durch die Straßen von Tipitapa gelaufen. Viele Leute haben mich ziemlich intensiv gemustert und häufig wurde ich „Gringo“ genannt, womit sie Amerikaner meinen. Mit einem typischen alten amerikanischen gelben Schoolbus sind wir später dann wieder zurück zum Hogar nach Managua gefahren. Diese Busse würden vom deutschen TÜV auf direktem Weg zur Autopresse gebracht werden…



















Am letzten Samstag hatte ein Bruder Geburtstag. Dazu wurden wir dann von einer etwas wohlhabenden Frau „Doña Magda“ zum Essen eingeladen. Das Essen war sehr lecker und wurde von ihrer Haushälterin zubereitet. Ihr Sohn sagte mir, er könne fast perfekt Deutsch sprechen. Aber mehr als diesen hat er dann doch nicht auf Deutsch herausgebracht…

Das kommende Wochenende wird mal wieder ein verlängertes sein. Da werde ich mit Jugach und einem Muchacho nach San Juan Del Sur fahren – das ist ein recht hübsches Surferdorf an der Pazifikküste. Desweiteren muss ich im November zum ersten Mal das Land verlassen, um mein Visum aufzufrischen. Da stehen Costa Rica und Chile zur Auswahl – das wird sich aber erst in den nächsten Wochen entschieden. Für Dezember habe ich dann noch eine Einladung nach Guatemala. Dort werde ich dann auf eine Finka fahren und mit Sergio einen Ausritt mit den Pferden seines Vaters unternehmen. Im Januar bzw. Februar werde ich für eine Woche zu einem Zwischenseminar nach Santa Cruz in Bolivien fliegen. Vielleicht wird sich ja dort noch eine Mountainbiketour über „La Calle De La Muerte“ ergeben - eine Passstraße, die durch drei verschiedene Vegetationszonen führt. Im April werde ich voraussichtlich mit den Brüdern eine Woche in einem ziemlich verarmten Viertel einer Stadt im Norden Nicaraguas verbringen.

Ich halte euch auf dem Laufenden, hasta pronto,

Felipe.



Donnerstag, 6. August 2009

Mein erster Tag:

Hallo miteinander!! Gestern bin ich gegen 20 Uhr hier in Managua mit großer Übermüdung angekommen. Der Flug war recht abwechslungsreich. In Amsterdam habe ich an meinem Gate eine Gruppe Mittelamerikaner kennen gelernt. Darunter war ein Nicaraguaner - Louis Enrique - mit dem ich dann bis Managua zusammen weiter geflogen bin. Im Flieger von Panama City nach Managua habe ich mich mit meinem Bankier aus Paraguay unterhalten. Wie ihr sicher gerade merkt sind besonders die Mittelamerikaner ein recht offenes und freundliches Völkchen.
In Managua wurde ich von meinem verantwortlichen Padre - Otto Hugo - und zwei weiteren Jovenes abgeholt. Auf dem Weg vom Flughafen zum Hogar habe ich am Straßenrand eine Menge Menschen gesehen, die - wie es mir schon prophezeiht wurde - einfach nur auf dem Bordstein bzw. auf der Treppe saßen und nichts gemacht haben. Als wir hier im Hogar ankamen und ich gerade mein Gepäck in mein Apartment gelagert habe, ist das erste "Chaos" eingetreten:-). Mein Schloß ist eingerastet und ließ sich nicht mehr öffnen. Nachdem ich dann meine ersten Mails verschickt hatte, hatten die Jungs die Tür wieder geöffnet und ich habe ein neues Apartment mit funktionstüchtigen Schloss und sogar mit Badezimmer bekommen. Es hat also auch seine Vorzüge, wenn nicht alles vorhergesehen abläuft. Danach habe ich noch schnell mein Moskitonetz aufgehangen und mein DOPPELBett ;-P bezogen und bin nach langer Zeit mal wieder um 22 Uhr eingeschlafen.
Heute morgen um 8 Uhr habe ich zusammen mit einer Spanierin, die hier ebenfalls einen Freiwilligendienst macht, das typische nicaraguanische Bohnengericht gegessen. Sie sagte, man esse dieses Gericht von morgens bis abends. Ich bin mal gespannt was es heute Mittag zu essen gibt^^... Anschließend hat mich Amilka - ein ca. 15 Jähriger Junge - durch den Hogar geführt. Er ist wirklich sehr groß. In einem Raum saß ein kleiner Junger, welcher seine Hausaufgaben gemacht hat, während ein Papagei ständig über seine Unterlagen gelaufen ist.. Um 9 Uhr waren wir mit dem Rundgang fertig und seitdem habe ich bis 13 Uhr Pause. Gleich setze ich mich wohl in den Schaukelstuhl auf der Veranda und werde noch ein paar Spanischvokabeln anschauen. Mit der Verständigung kann es nämlich noch wirklich besser werden, obwohl mir gesagt wurde , dass ich schon recht gut spreche. Aber ob das ernst gemeint ist, bezweifel ich...Heute Mittag gibt es dann noch Essen und danach werde ich mit ein paar Kindern ein wenig Sport treiben.


Hasta pronto,

vuestra Philipp!!!